E-621, Mononatriumglutamat oder einfach Glutamat, ein umstrittener Lebensmittelzusatzstoff
27. August 2021
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3 Minuten
Astrid Kurbjuweit

Glutamat ist ein Salz der Glutaminsäure, die ihrerseits die häufigste Aminosäure in der menschlichen Ernährung ist. Glutaminsäure ist in allen eiweißhaltigen Lebensmitteln enthalten, besonders in reifen Tomaten, verschiedenen Käsesorten, Fleisch und Milch. Sie ist also ein normaler Bestandteil der Ernährung.

Glutamat wird auch im menschlichen Gehirn hergestellt und wirkt dort als Neurotransmitter, unter anderem bei der Regelung von Appetit, Hunger und Sättigung. Solange nicht mehr Glutamat beziehungsweise Glutaminsäure aufgenommen wird, als mit der normalen Ernährung üblich, solange ist der Glutamatstoffwechsel im Gehirn völlig unabhängig von dem mit der Nahrung aufgenommenen Glutamat. Diese offensichtliche Natürlichkeit und Harmlosigkeit des Glutamats hat natürlich die Zulassung von Glutamat als Lebensmittelzusatzstoff und seine bedenkenlose Verwendung in vielen industriell hergestellten Nahrungsmitteln erleichtert.

Ist Glutamat wirklich so harmlos?

Dadurch, dass die Lebensmittelindustrie heute sehr viele Nahrungsmittel mit Glutamat „würzt“, nehmen sehr viele Menschen größere Glutamatmengen zu sich, als mit naturbelassenen Lebensmitteln jemals möglich wäre. Gleichzeitig häufen sich die Fälle von Übergewicht. Auch wenn daraus noch nicht auf eine ursächliche Verbindung geschlossen werden kann, so gibt es doch Hinweise darauf, dass Glutamat, wenn es in hoher Konzentration im Blut vorhanden ist, die Blut-Hirnschranke überwinden kann und dann Einfluss auf den Glutamatstoffwechsel im Gehirn nehmen kann. Die Folge wäre unter anderem eine Störung der natürlichen Regulation von Hunger und Sättigung, was durchaus Übergewicht nach sich ziehen kann.

Tatsächlich klagen viele Übergewichtige über ein nicht vorhandenes Gefühl der Sättigung, sie wissen schlicht nicht mehr, wann sie satt sind. Es besteht die Möglichkeit, dass diese Veränderung durch ein Zuviel an Glutamat hervorgerufen wird.

Forschung zum Zusammenhang von Übergewicht und Glutamat

Glutamat ist in der Vergangenheit immer wieder in Verdacht geraten, eine Reihe von Beschwerden und Krankheiten auszulösen. Der Verdacht ist regelmäßig wissenschaftlich nicht bestätigt worden. Dabei fällt allerdings auf, dass es nur sehr wenig unabhängige Forschung zu Glutamat (und anderen Zusatzstoffen) gibt. Wenn ein Problem nicht untersucht wird, dann kann da natürlich auch nichts bestätigt oder widerlegt werden.

Solide wissenschaftliche Forschung ist teuer, ohne die Forschungsgelder der Lebensmittelindustrie können viele Untersuchungen nicht durchgeführt werden. Und natürlich haben die das Recht, ihre Gelder nach ihrem eigenen Gutdünken auszugeben.

So gibt es auch zum Zusammenhang von Glutamat und Übergewicht nur sehr wenig Forschungsarbeiten. Eine Ausnahme scheinen die Arbeiten von Michael Hermanussen zu sein, der in mehreren Aufsätzen über einen Zusammenhang von Glutamataufnahme, Appetitsteuerung und Körpergewicht berichtet. Zusammen mit anderen Autoren hat er nicht nur wissenschaftliche Aufsätze verfasst, sondern auch Sachbücher.

Glutamat im Lebensmittelrecht

Glutamat ist ein zugelassener Lebensmittelzusatzstoff, genauer, es sind sechs verschiedene, Glutaminsäure (E 620), Mononatriumglutamat (E 621), Monokaliumglutamat (E 622), Calciumdiglutamat (E 623), Monoammoniumglutamat (E 624) und Magnesiumdiglutamat (E 625). Sie alle sind als Geschmacksverstärker zugelassen. Wenn ein Lebensmittel einen dieser Zusatzstoffe enthält, so muss dies auf der Packung angegeben werden. Bei unverpackten Lebensmitteln ist es etwas schwieriger, dort reicht es rechtlich oft aus, wenn zum Beispiel „mit Geschmacksverstärker“ angegeben ist.

Praktisch wird Glutamat unter verschiedenen Bezeichnungen angegeben, nicht nur die oben genannten. So enthalten viele Würzmischungen Glutamat, Würze, Aroma oder Hefeextrakt häufig auch. Alle sechs Glutamate werden oft unterschiedslos als Glutamat bezeichnet, sodass man nicht weiß, welches jetzt verwendet wurde. Glutaminsäure wird auch als L-Glutaminsäure bezeichnet, Mononatriumglutamat auch als Natriumglutamat oder MSG. Monokaliumglutamat wird als Kaliumglutamat bezeichnet, Calciumdiglutamat als Calciumglutamat, Monoammoniumglutamat als Ammoniumglutamat und Magnesiumdiglutamat als Magnesiumglutamat.

Der Geschmack von Glutamat

Glutamat ist als Geschmacksverstärker zugelassen. Tatsächlich hat Glutamat aber einen Eigengeschmack, der Umami genannt wird. Wir sind in der Lage, diesen Geschmack als eigenen herauszuschmecken, zusätzlich zu den Geschmacksrichtungen süß, sauer, salzig und bitter. Der Umami-Geschmack wird als herzhaft, wohlschmeckend, an Fleisch erinnernd beschrieben.

Wenn man eher die Auswirkungen betrachtet, dann kann man Umami auch mit einem „Geschmack nach mehr“ beschreiben. Bei mit Glutamat gewürzten Speisen ist es schwer, rechtzeitig mit dem Essen wieder aufzuhören, es schmeckt nach mehr. Auch Menschen, die sonst sehr genau wissen, wann sie genug haben, können zum Beispiel bei mit Glutamat gewürzten Kartoffelchips in die Situation kommen, dass auf einmal die Tüte leer ist, obwohl sie das nicht beabsichtigt hatten.

Glutamat verschafft also nicht nur allen möglichen, auch minderwertigen Nahrungsmitteln und Substanzen einen angenehmen, herzhaften Geschmack, es löst auch das Bedürfnis aus, von diesen Nahrungsmitteln und Substanzen mehr zu essen und immer wieder davon zu essen. Das beinhaltet die Gefahr, dass man zu viel Minderwertiges isst und dabei zu wenig naturbelassene, gesunde Lebensmittel zu sich nimmt.

Auch wenn die genauen Zusammenhänge also wissenschaftlich noch nicht geklärt sind, so kann der weitgehende Verzicht auf künstlich zugesetztes Glutamat, auf Fertiggerichte und fast Food also durchaus ein wichtiger Bestandteil einer Ernährungsumstellung sein, die ein gesundes Körpergewicht zum Ziel hat.

Buchempfehlung

Michael Hermanussen und Ulrike Gonder
Der Gefräßig-Macher: Wie uns Glutamat zu Kopfe steigt und warum wir immer dicker werden
Hirzel Verlag, Stuttgart 2008
ISBN-10 3777615706
ISBN-13 978-3777615707
Broschiert, 141 Seiten

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Beitragsbild: Monika Wisniewska/Shutterstock