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Heißhungerattacken und Fressanfälle: Wann es eine Essstörung sein kann

Wer Heißhungerattacken hat, hat vielleicht im Hinterkopf diese Frage, ob es vielleicht eine Essstörung sein könnte. Dieser Artikel kann die Frage nicht beantworten, aber Hilfestellung geben beim Herausfinden der Antwort.
Fressanfall - eine Folge zu strenger Diät
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9 Minuten
Astrid Kurbjuweit
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Heißhungeranfälle sind häufig. Viele Menschen haben sie. Wenn man abnehmen möchte, kommen sie besonders häufig vor.

Das kann daran liegen, dass man mit ungeeigneten Methoden versucht abzunehmen.

Es kann aber auch daran liegen, dass man eine Essstörung hat. Essstörungen sind Krankheiten, die sich nicht mit eisernem Willen behandeln lassen.

Essstörungen sind aber heilbare Krankheiten. Es lohnt sich also, sich auf Diagnose und Behandlung einzulassen.

Lästiger Heißhungeranfall oder doch eine Essstörung?

Heißhungeranfälle kommen vor. Wahrscheinlich hat jeder Mensch schon mal so einen Anfall gehabt.

Wer zum Beispiel nach einer stundenlangen Wanderung oder Radtour geradezu unglaubliche Mengen verschlingt, macht einfach nur alles richtig.

Es gibt aber auch Heißhungerattacken, bei denen nicht so klar ist, wo sie herkommen.

So werden Menschen, die versuchen, ihr Gewicht zu reduzieren, besonders häufig von Heißhungeranfällen und Fressattacken geplagt. Dadurch wird dann regelmäßig der Erfolg sämtlicher Abnehmbemühungen zunichtegemacht.

Ist das normal? In den meisten Fällen wohl ja.

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Wenn man deutlich zu wenig isst, wie das bei strengen Diäten der Fall ist, dann reagiert der Körper nach einer Weile und holt sich, was er braucht. Das ist erst mal normal und gesund.

Als Reaktion darauf hat man aber zwei Möglichkeiten.

  • man kann einsehen, dass zu strenge Diät nicht zielführend ist
  • man kann versuchen, den „Ausrutscher“ mit noch strengerer Diät wettzumachen

Strenge Diäten führen zu Heißhungerattacken

Es ist inzwischen bekannt, dass Diäten, und hier vor allem die strengen Crash-Diäten, nicht zu dauerhafter Gewichtsreduktion führen.

Sondern eher zu einem Jo-Jo-Effekt. In der Folge steigt das Gewicht langfristig betrachtet eher an, als dass es weniger wird.

Wenn man es erst glaubt, nachdem man die Erfahrung selbst gemacht hat, ist das durchaus in Ordnung.

Wenn man jetzt aus dieser Erfahrung lernt und in der Folge versucht, mit vernünftigen Methoden abzunehmen, mit allmählicher Ernährungsumstellung und moderatem Sport, dann ist alles richtig.

Heißhungerattacken werden in dem Fall nur noch sehr selten auftreten, höchstens nach den oben erwähnten Radtouren oder Wanderungen. Oder vergleichbaren Aktivitäten.

Noch strengere Diät nach Heißhungeranfall?

Allerdings gibt es Menschen, die aus dem Heißhungeranfall nichts lernen. Oder vielmehr das Falsche lernen.

Essstörungen: Viel essen, ohne Hunger, oder nichts essen, trotz viel Hunger

Essstörungen können viele Formen annehmen. Gemeinsam ist ihnen, dass Essen und Nicht-Essen nicht von Hunger und Sättigung gesteuert werden.
Foto: DC Studio/Shutterstock

Wenn man versucht, die vielen Kalorien aus dem Fressanfall auszugleichen, indem man noch weniger isst, noch strenger Diät hält, noch mehr Sport macht oder was auch immer einem einfällt, dann ist man schnell auf einem gefährlichen Weg.

Es gibt Menschen, bei denen sich Diät an Diät reiht, unterbrochen nur von Heißhungerattacken.

Sie werden nicht nur immer dicker, sondern auch immer verzweifelter.

Wer sich jetzt wiedererkennt: Noch eine Diät ist nicht die Lösung.

Wer das weiß und den Ausweg aus der Diätenspirale trotzdem nicht schafft, ist ernsthaft gefährdet, eine Essstörung zu entwickeln.

Aber das ist nicht der einzige Grund, der zu einer Essstörung führen kann.

Wenn Heißhungerattacken mehr als nur lästig werden: Essstörungen

Essstörungen sind nicht einfach nur die Folge von Heißhungerattacken.

Essstörungen entstehen, wenn mehrere Ursachen und Gründe aufeinandertreffen.

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Eine bestimmte genetische Disposition, ein unerreichbares Schönheitsideal, Mobbing oder traumatische Erfahrungen, das Gefühl, nicht schön genug, nicht schlank genug, nicht gut genug zu sein, können Auslöser für Essstörungen sein.

Es ist unklar, ob die Diätenspirale mit den Heißhungerattacken die Ursache oder die Folge eines gestörten Verhältnisses zum eigenen Körper und zum eigenen Essverhalten sind.

Was war zuerst da, die Essstörung oder der Heißhunger, das Übergewicht? Ein Henne-Ei-Problem

Es gibt verschiedene Arten von Essstörungen. Die bekannteste, die Anorexia nervosa, die Magersucht, führt weder zu Heißhungerattacken noch zu Übergewicht.

Aber umgekehrt können Heißhunger, Diäten, und tatsächliches oder vermeintliches Übergewicht zur Entwicklung einer Magersucht führen.

Bei der Bulimie reagieren die Betroffenen auf die Heißhungerattacken mit Erbrechen, exzessivem Sport, echtem Hungern, Abführmitteln und anderen extremen Maßnahmen.

Das ist nicht nur ungesund. Das führt auch direkt in die nächsten Heißhungerattacken.

Wer sich bei dem Gedanken ertappt, nach einem Heißhungeranfall jetzt sofort etwas unternehmen zu müssen, was die Katastrophe rückgängig macht, ist mindestens gefährdet.

Binge Eating ist im Wesentlichen durch Heißhungeranfälle gekennzeichnet. Durch die Unfähigkeit, aufzuhören mit Essen, auch wenn man längst satt ist.

Aber man weiß nicht, was zuerst da war, die Essstörung oder die, zunächst durch etwas anderes ausgelösten, Heißhungeranfälle.

Ursachen von Heißhungeranfällen

Heißhungerattacken können viele Ursachen haben. Essstörungen sind nur eine davon.

Ein zu niedriger oder absinkender Blutzuckerspiegel kann Ursache von Heißhungerattacken sein. Denn der Zucker im Blut ist lebensnotwendige Energie für alle Körperfunktionen.

Der Blutzuckerspiegel sinkt um so weiter ab, je länger es her ist, dass die letzte Mahlzeit gegessen wurde.

Das Auslassen von Mahlzeiten oder das Essen von zu kleinen Mahlzeiten kann also zu Fressanfällen führen.

Zu großer Ehrgeiz bei der Diät kann also Heißhunger hervorrufen.

Mahlzeiten, die viel Zucker oder Weißmehlprodukte enthalten, können nach einem starken Blutzuckeranstieg auch einen zu starken Blutzuckerabfall zur Folge haben. Was ebenfalls Fressanfälle auslösen kann.

Bei Frauen können auch die Hormonschwankungen in der zweiten Zyklushälfte zu Schwankungen im Blutzuckergehalt führen. Mit denselben Folgen.

Nichts davon ist eine Essstörung, wenn man mit vernünftigem Essverhalten, mit regelmäßigen Mahlzeiten und gesunder, ausgewogener Ernährung die Heißhungerattacken zum Verschwinden bringt.

Psychische Ursachen

Heißhunger kann aber auch auf ganz andere Weise ausgelöst werden.

Zum Beispiel, wenn man versucht, sich in Stresssituationen mit Essen abzulenken oder sich für unangenehme Situationen mit Essen zu entschädigen oder sonst irgendwie Essen als Belohnung für Leistungen oder für das Aushalten von unangenehmen Situationen verwendet.

So ein Verhalten hat man meistens schon als Kind gelernt.

Wenn man also das Essen auf diese Weise zweckentfremdet, dann kann es sein, dass man lernt, in solchen Situationen von vornherein mit Essen zu reagieren.

Der Körper fordert dann das Essen ein, sobald eine unangenehme Situation am Horizont auftaucht. Statt das Problem zu lösen, fängt man dann zu essen an.

Wenn die unangenehme Situation darin besteht, dass man sich als zu dick empfindet, egal ob das tatsächlich stimmt oder nicht, dann gerät man schnell in Teufelskreise.

Von den psychischen Ursachen für Heißhunger und Fressanfälle ist es ein fließender Übergang zu den Essstörungen.

Es gibt einen großen Graubereich, wo nicht wirklich klar ist, ob es eine Essstörung ist oder nicht.

Wer zweifelt, kann sich beraten lassen. Das hilft. Alternativ kann man sich aber auch an den Hausarzt wenden.

Arten von Essstörungen

Es werden drei Arten von Essstörungen unterschieden. Das Binge Eating, die Bulimie und die Magersucht.

Binge Eating

Binge Eating ist eine Essstörung, bei der Heißhungerattacken mindestens zweimal in der Woche auftreten.

Während eines Essanfalls wird sehr hastig gegessen, es wird extrem viel von sehr kalorienreichen Lebensmitteln gegessen, und es wird gegessen, bis es nicht mehr geht. Also weit über das Sattheitsgefühl hinaus.

Nach dem Anfall haben die Betroffenen Schuldgefühle. Der Anfall wird nicht durch Hunger ausgelöst, sondern durch sonstige Situationen.

Die Betroffenen können weder die Auswahl der Lebensmittel noch die Menge, die gegessen wird, kontrollieren.

Da sie nicht versuchen, die Folgen des Anfalls auszugleichen, sind sie meistens übergewichtig bis stark übergewichtig.

Betroffene schämen sich für ihr Verhalten, obwohl sie nichts dafür können. Sie essen oft heimlich.

Wer diesen vollständigen Kontrollverlust über das Essen bei sich bemerkt, sollte sich helfen lassen. Krankheit ist kein unabänderliches Schicksal.

Bulimie

Die Bulimie ist eine Essstörung mit sehr ähnlichen Symptomen wie das Binge Eating.

Hinzu kommt aber, dass die Betroffenen durch Erbrechen und auch durch Hungern oder exzessiven Sport die Folgen der Fressanfälle zu vermeiden versuchen.

Dadurch sind Bulimiker meistens normalgewichtig, manchmal aber auch untergewichtig. Bulimie ist lebensgefährlich und muss behandelt werden!

Magersucht

Magersucht ist nur scheinbar völlig anders als die anderen beiden Essstörungen. Denn auch bei der Magersucht wird das Essverhalten nicht durch Hunger und Sättigung gesteuert.

Die Betroffenen haben genauso wenig die Kontrolle darüber, was sie essen, oder nicht essen.

Heißhunger gehört nicht zu den Symptomen, aber vermutlich zu den Auslösern.

Verhindern von Heißhungeranfällen

Bevor man annimmt, dass man krank ist, wird man vermutlich versuchen, sich selbst zu behandeln.

Wenn man sich eigentlich sicher ist, dass man nur durch unvernünftiges Verhalten die Heißhungeranfälle ausgelöst hat, ist das sinnvoll.

Ansonsten wäre es besser, sich helfen zu lassen.

Viele Heißhungeranfälle lassen sich durch vernünftiges Essverhalten verhindern. Nur wenn das nicht gelingt, dann sollte man eine Essstörung ernsthaft in Betracht ziehen.

Wenn Blutzuckerschwankungen die Ursache der Anfälle sind, dann kann man weitere Anfälle durch regelmäßige, ausreichende und abwechslungsreiche Mahlzeiten vermeiden.

Wenig Zucker und Weißmehl, dafür viel Gemüse und Vollkornprodukte zu essen, kann ausreichen, um die Heißhungerattacken zum Verschwinden zu bringen.

Eine gesunde, vollwertige Ernährung führt zu einem relativ konstanten Blutzuckerspiegel und vermeidet dadurch Heißhungeranfälle.

Auch hormonell bedingte Heißhungerattacken können dadurch vermindert werden. Eine solche Ernährung ist sehr gut für die langsame, dauerhafte Gewichtsreduktion geeignet.

Es gibt viele gute Tipps gegen Heißhungeranfälle. Wenn sie wirken, ist alles gut.

Heißhungeranfälle können allerdings nicht durch verstärkte Kontrolle des Essverhaltens behandelt werden.

Im Gegenteil ist diese verstärkte Kontrolle mit Ursache für das Entstehen von Essstörungen.

Wer also nicht anders kann, als sich noch mehr Zwang anzutun, sollte sich helfen lassen.

Psychisch bedingte Heißhungerattacken können nur durch Behandlung der Ursachen behandelt werden.

Dabei kann ein Therapeut oder auch eine Selbsthilfegruppe helfen.

Wenn alles nichts hilft, wenn man alle Ursachen abgestellt hat, aber trotzdem immer noch Heißhungeranfälle bekommt, dann sollte man sich helfen lassen.

Essstörungen verschwinden nicht von alleine wieder. Aber sie sind behandelbar. Man kann sie wieder loswerden. Und dann wieder unbeschwert einfach essen, ohne dass es regelmäßig in Katastrophen ausartet.

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Beitragsbild: Photographee.eu/Shutterstock