Wir haben das Glück, in Zeiten und an einem Ort zu leben, wo Nahrungsmittel für alle reichlich verfügbar sind. Anders als in früheren Zeiten kann es sich heute fast jeder leisten, sich mit reichlich bis überreichlich Kalorien zu versorgen.
Und wie das so ist, ist es in solchen Zeiten natürlich modern, schlank oder noch besser, dünn zu sein. Wer der Schlankheitsnorm nicht entspricht, wird sozial ausgeschlossen, gemobbt und natürlich mit Vorhaltungen eingedeckt.
Das stört das Wohlbefinden sehr. Und führt deshalb zu der Idee, dass weniger Gewicht immer besser ist. Egal, wie viel man gerade wiegt.
Aber wie schlank, oder wie dünn ist eigentlich richtig? Inzwischen hat sich immerhin die Ansicht durchgesetzt, dass immer noch dünner auch nicht die Lösung ist.
Das „richtige“ Gewicht wird dann wahlweise als Normalgewicht, Idealgewicht, BMI von unter 25 oder seit einiger Zeit auch als Wohlfühlgewicht bezeichnet.
Hier folgen jetzt einige Überlegungen zum Wohlfühlgewicht. Eben weil wohl niemand so ganz genau weiß, was das tatsächlich ist.
Inhalt
- Das Wohlfühlgewicht
- Das „natürliche“ oder richtige Körpergewicht im Wandel der Zeiten
- Gibt es überhaupt ein natürliches Körpergewicht?
- Warum so viele abnehmen wollen, die gar nicht zu dick sind
- Haken Nr. 2: Es ist nicht egal, was man isst
- Wohlfühlgewicht und natürliche Regulation des Essverhaltens
- Wohlfühlgewicht finden und akzeptieren
- Das Gewicht akzeptieren, das da ist, sich damit wohlfühlen
- Gesund ernähren, ohne Industrieprodukte
Das Wohlfühlgewicht
Das Wohlfühlgewicht ist das Gewicht, bei dem man sich wohlfühlt. Ganz einfach? Leider nicht. Es kann viele Gründe geben, warum sich jemand wohlfühlt oder eben nicht.
Anders als Idealgewicht, Normalgewicht und BMI, die klar definiert und deshalb auch berechenbar sind, trifft das auf das Wohlfühlgewicht nicht zu.
Die Frage, wie man das Wohlfühlgewicht berechnen kann, beschäftigt deshalb sehr viele Menschen. Klar ist nur, dass es auf diese Frage keine Antwort gibt. Es lässt sich nicht berechnen. Man muss anders an das Problem herangehen.
Denn das Wohlfühlgewicht ist eine sehr individuelle Sache, weshalb es in keiner Tabelle stehen und auch von keinem Programm berechnet werden kann.
Es ist das Gewicht, bei dem die Frage nach dem Wohlbefinden mit dem Körpergewicht nichts zu tun hat.
Andere sagen, es wäre das natürliche Gewicht, das sich einstellt, wenn man intuitiv isst, also die Sachen, auf die man Appetit hat, in einer Menge, bis man satt ist.
Da das sehr viele Menschen tun und dabei jedes Jahr schwerer werden, während sie sich mit ihrem Gewicht definitiv nicht wohlfühlen, kann man wohl festhalten, dass es so einfach auch nicht ist.
Aber wie kommt es eigentlich dazu, dass so viele Menschen nicht mehr wissen, welches das richtige Gewicht für sie ist? Während sie gleichzeitig damit beschäftigt sind, abzunehmen, also weniger zu wiegen.
Das „natürliche“ oder richtige Körpergewicht im Wandel der Zeiten
Den größten Teil der Menschheitsgeschichte wusste niemand, was Kalorien oder Nährstoffe sind, und das Körpergewicht war überhaupt kein Thema. Wer genug zu essen hatte, wog eben so viel, wie er eben wog. Die anderen strebten danach, möglichst genug zu essen zu bekommen, um nicht zu verhungern.
Je arbeitsteiliger die Gesellschaften wurden, umso mehr grenzten sich die oberen zehntausend durch Festmähler und runde Bäuche von den weniger Privilegierten ab.
Erst seit es Lebensmittel im Überfluss für fast alle gibt, wurde Schlanksein zum Statussymbol. Denn wenn jeder sich einen runden Bauch anfuttern kann, taugt der natürlich nicht mehr als Prestigeobjekt.
Seither ist es also modern, so wenig wie möglich zu wiegen. Was dazu führt, dass nicht nur Übergewichtige versuchen abzunehmen.
Menschen, die ein völlig unauffälliges, gesundes Gewicht haben, entwickeln die Überzeugung, dass ihr Gewicht schuld daran ist, wenn sie unzufrieden sind, sich nicht wohlfühlen.
Gibt es überhaupt ein natürliches Körpergewicht?
Es scheint so zu sein, als ob es tatsächlich ein Körpergewicht gibt, das sich einstellt, wenn man sich gesund ernährt, sich bewegt und Sport macht und, vor allem, nicht versucht, abzunehmen, Kalorien zu zählen oder Ähnliches.
Alles, was man tun muss, ist, essen, wenn man Hunger hat, aufhören mit Essen, wenn man satt ist. Das essen, worauf man Appetit hat. Also der eigenen Intuition folgen. So, wie unsere Vorfahren es jahrhundertelang gemacht haben.
Unter diesen Umständen kann man ein vermutlich optimales Gewicht halten, ohne etwas dafür tun zu müssen. Man muss also nur intuitiv essen.
Dieses vermutlich optimale Gewicht kann man als Wohlfühlgewicht bezeichnen.
Der Haken ist nur, dass viele sich mit diesem Gewicht überhaupt nicht wohlfühlen. Denn es entspricht eher nicht dem super-schlanken Schönheitsideal.
Der andere Haken ist, dass das nur dann funktioniert, wenn die Ernährungsweise bestimmten Regeln folgt. Wenn man also nicht alles das isst, worauf man Appetit hat.
Warum so viele abnehmen wollen, die gar nicht zu dick sind
Das Gewicht, das sich bei den meisten einstellt, wenn sie ihr Essverhalten nach Hunger, Sättigung und Appetit ausrichten, ist vielleicht gesund. Aber es entspricht nicht dem immer noch vorherrschenden Schönheitsideal.
Diese Diskrepanz führt dazu, dass man sich mit seinem Gewicht eben nicht wohlfühlt. Viele versuchen jetzt, abzunehmen. Und bringen damit ein natürlicherweise vorhandenes Gleichgewicht durcheinander.
Haken Nr. 2: Es ist nicht egal, was man isst
Wenn man sich nach den Signalen seines Körpers ernährt, nach Hunger, Sättigung und Appetit, dann sollte sich eigentlich ein gesundes Körpergewicht einstellen.
Bei ganz vielen tut es genau das nicht. Ein Grund dafür ist, dass wir heute immer weniger natürliche, naturbelassene Lebensmittel essen. Wir essen zu einem großen Teil das, was die Lebensmittelindustrie uns auftischt.
Und das bedeutet, dass wir zwar wenig Zeit fürs Kochen brauchen, dafür aber eher wenig Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente, aber auch Eiweiß und gesunde Fette bekommen.
Reichlich versorgt werden wir mit kurzkettigen Kohlenhydraten, den verschiedenen Zuckerarten, gesättigten Fetten und natürlich Zusatzstoffen der unterschiedlichsten Arten.
Alles Dinge, die unsere Vorfahren nicht gegessen haben. Einfach, weil es das erst seit wenigen Jahrzehnten gibt. Zufälligerweise steigt die Zahl der Übergewichtigen genau seit diesen wenigen Jahrzehnten rasant an.
Wenn man diese beiden Haken ernst nimmt, kommt man also zur Schlussfolgerung, dass man sich zum einen sein Wohlfühlgewicht nicht aussuchen kann.
Und dass es zum anderen wirklich eine gute Idee wäre, sich von natürlichen, naturbelassenen Lebensmitteln zu ernähren.
Denn das ist nicht nur gesund. Sondern es führt auch dazu, dass man sein Gewicht halten kann. Dass man nicht immer noch mehr zunimmt.
Dass man also nicht mehr versuchen muss abzunehmen, sodass man das Gleichgewicht zwischen Essen und Gewicht nicht noch weiter durcheinanderbringen muss.
Wohlfühlgewicht und natürliche Regulation des Essverhaltens
Wer sich mit dem Gewicht, das sich bei gesunder Ernährung mit naturbelassenen Lebensmitteln, orientiert an Hunger, Sättigung und Appetit, nicht wohlfühlt, hat ein Problem.
Denn jeder Versuch, abzunehmen, bringt diese natürliche Regulation durcheinander.
Wer sich wohlfühlt mit seinem Gewicht, wird nicht versuchen abzunehmen. Aber egal wie hoch oder niedrig das Gewicht ist, man kann sich wohl damit fühlen oder eben nicht.
Aber es scheint ein wahrscheinlich angeborenes Gleichgewicht zu geben, das macht, dass wir (eigentlich) wissen, was und wie viel wir essen müssen, um satt, gesund und leistungsfähig zu bleiben.
Kleine Kinder können das jedenfalls ganz eindeutig. Wenn sie Hunger haben, dann fordern sie mit Nachdruck Essen ein. Sie wissen auch ganz genau, was sie essen wollen und was nicht. Und sobald sie satt sind, verlieren sie jegliches Interesse an Essen.
Denn der Körper sendet Signale, Hunger, Sättigung, Appetit, die unser Essverhalten leiten. Die Kinder verstehen die Signale ihres Körpers noch sehr gut. Aber ganz viele Erwachsene tun das nicht mehr.
Sie wissen nicht, wann sie hungrig oder satt sind, sie wissen nicht, was sie essen wollen. Als Kinder wussten sie es noch. Irgendetwas ist passiert.
Hinzu kommt, dass Gewicht in unserer Gesellschaft ganz wichtig ist. Da liegt es nahe, das Gewicht als Schuldigen anzunehmen, wenn man sich nicht wohlfühlt. Aber es gibt viele Gründe, die ein Wohlbefinden verhindern oder stören können. Das Gewicht ist nur einer davon.
Bei ganz vielen sind zwei Dinge passiert.
- Sie waren unzufrieden mit dem Gewicht, das sich ganz von alleine eingestellt hat. Sie waren zwar natürlich schlank. Aber sie fanden sich nicht schlank genug. Haben also angefangen, ihr Essverhalten zu kontrollieren und weniger zu essen, als der Körper braucht.
- Und sie haben sich nicht wirklich gesund ernährt. Haben stattdessen Zucker, weißes Mehl, ganz allgemein Industrieprodukte gegessen. Lebensmittel, die viele Kalorien, vor allem viele leere Kohlenhydrate, dafür aber kaum gesunde Nährstoffe enthalten.
In der Folge fühlen sie sich immer weniger wohl in ihrem Körper, mit ihrem Körpergewicht.
Wie kann man zu seinem Wohlfühlgewicht finden, unter solchen Umständen?
Wohlfühlgewicht finden und akzeptieren
Um sein Wohlfühlgewicht wiederzufinden, muss man also zwei Dinge tun: Das Gewicht akzeptieren, das sich von alleine einstellt. Und sich wirklich gesund ernähren. Mit natürlichen Lebensmitteln.
Das Gewicht akzeptieren, das da ist, sich damit wohlfühlen
Der Weg zum Wohlfühlgewicht fängt also damit an, dass man sein Gewicht akzeptiert. So wie es gerade ist.
Wenn man sich dann auf den Weg macht, wird es sich höchstwahrscheinlich ändern, aber wer mit diesem Ändern anfängt, wird sich im Kreis drehen und sein Wohlfühlgewicht nicht finden.
Das bedeutet, kein Kalorienzählen, keine Diät, kein Abnehmversuch, kein tägliches Wiegen, kein Verzicht.
Stattdessen in sich reinhören, ob man Hunger hat und worauf man Appetit hat. Davon essen, bis man satt ist. Und dann aufhören zu essen. Egal, ob noch etwas auf dem Teller liegt.
Und in einem weiteren Schritt sich damit befassen, was man wirklich essen möchte. Wie wichtig einem das Essen wirklich ist.
Gesund ernähren, ohne Industrieprodukte
Um das Wohlfühlgewicht zu finden und zu halten, ist eine Ernährung ohne Industrieprodukte wirklich zu empfehlen. Warum?
Die Lebensmittelindustrie hat, wie jede Industrie, das Interesse, dass wir möglichst viele von ihren Produkten kaufen sollen.
Und sie möchte, dass die Gewinnspanne, also der Unterschied zwischen den Kosten, die bei der Herstellung eines Produktes anfallen und dem Preis, den wir für das Produkt zahlen, möglichst hoch ist.
Das ist nichts Besonderes. Aber es hilft, sich mal die Mittel anzusehen, mit denen diese Ziele erreicht werden.
Zum einen lohnt es sich für die Industrie, uns möglichst billige Produkte möglichst teuer zu verkaufen. Billige Grundstoffe sind Zucker, Weizen und Pflanzenöl. Das ist nicht per se schlecht.
Aber die meisten industriell gefertigten Lebensmittel bestehen zu einem sehr großen Teil aus diesen drei Grundstoffen, die unter vielerlei Bezeichnungen daherkommen.
Mit Zusatzstoffen, Aromen und einer genau austarierten Zucker-Fett-Mischung werden uns diese immergleichen Zutaten als immer wieder neue Produkte verkauft.
Die dann auch noch diesen typischen Geschmack nach mehr haben. Wer das einmal gegessen hat, will es immer wieder haben, will am liebsten immer noch mehr davon essen.
Wer sich von diesen Produkten ernährt, bekommt viele Kalorien, viele leere Kohlenhydrate und zu wenig von allen anderen Nährstoffen.
Das Ergebnis ist eine Fehlernährung. Man wird dick, und trotzdem fehlen wichtige Nährstoffe. Man fühlt sich in doppelter Hinsicht nicht mehr wohl in seinem Körper.
Um zu einem Wohlfühlgewicht zurückzufinden, ist es notwendig, sich von den süchtig machenden Industrieprodukten zu verabschieden und wieder selbst zu kochen. Mit frischen, naturbelassenen Zutaten.
Das Gewicht wird sinken, die Versorgung mit lebensnotwendigen Nährstoffen wird immer besser werden. Man wird sich immer besser fühlen. Das ist das Wohlfühlgewicht.