Die Set-Point-Theorie des Körpergewichtes behauptet, dass jeder Mensch einen Sollwert für sein Körpergewicht fest gespeichert hat, eben diesen Set-Point. Der Körper versucht nach dieser Theorie unter allen Umständen, diesen Sollwert möglichst zu erhalten oder wiederherzustellen.
Diese Theorie erklärt, wieso die meisten Menschen ihr Gewicht über lange Zeit konstant halten, ohne dass sie darauf irgendeine Mühe verwenden. Sie erklärt auch, wieso nach einer Diät oder anderen Gewichtsreduktion das Gewicht im Allgemeinen wieder ansteigt, ohne dass der Betroffene etwas dagegen tun könnte.
Der Ponderostat
Nach dieser Theorie soll es im Körper eine eigene Schaltzentrale für das Körpergewicht geben, den Ponderostat, der so ähnlich wie ein Thermostat zu verstehen ist. Der Ponderostat soll im Gehirn im Hypothalamus lokalisiert sein. Er vergleicht ständig das tatsächliche Körpergewicht mit dem Sollwert und leitet entsprechende Maßnahmen ein, wenn die beiden Werte verschieden sein sollten. So konnte in Untersuchungen festgestellt werden, dass Menschen nach Gewichtsverlust, egal aus welchem Grund, einen erniedrigten Grundumsatz haben, also Energie sparen und dass sie vermehrt Hunger und Appetit verspüren. Diese Maßnahmen des Körpers wirken sehr effektiv und sorgen dafür, dass das Gewicht wieder auf das Set-Point-Gewicht ansteigt. Dieser Effekt ist auch als Jo-Jo-Effekt bekannt geworden.
Set-Point und Gewichtsabnahme
Konsequent zu Ende gedacht, sollte nach der Set-Point-Theorie eine langfristige Gewichtsreduktion ganz unmöglich sein. Denn der Körper strebt stets danach, das einmal für immer festgelegte Set-Point-Gewicht zu halten oder wiederzuerlangen. Für die Gültigkeit dieser Theorie spricht auch die Tatsache, dass bereits Millionen von Menschen nach Diäten wieder zugenommen haben. Gegen die Theorie spricht allerdings die Tatsache, dass es Menschen gibt, die ihr Gewicht reduziert haben und die seither schlank sind, viele schon seit vielen Jahren.
Verschieben des Set-Point
Zwei Gründe sprechen dafür, den Set-Point, wenn es ihn denn tatsächlich gibt, nicht als fest, sondern als variabel anzusehen. Zum einen nehmen die meisten Menschen nach Diäten nicht nur auf ihr ursprüngliches Gewicht wieder zu, sondern sie werden sogar etwas schwerer, als sie es vor der Diät waren. Das sollte nach der Set-Point-Theorie nicht so sein. Zum anderen gibt es Menschen, die abgenommen haben und die ihr neues Gewicht halten. Diese Beobachtungen haben dazu geführt, dass der Set-Point entgegen den ursprünglichen Vorstellungen doch als veränderlich angesehen wird.
Es wird vermutet, dass durch nicht einfach hochkalorische, sondern durch sehr fettreiche Ernährung der Set-Point nach oben verschoben wird. Diese Vermutung war einer der Gründe, die zur Entwicklung sehr fettarmer Ernährungsformen geführt haben. „Notsituationen“ wie Hungersnöte oder eben auch Diäten sollen ebenfalls zu einem Anstieg des Set-Points führen. Es wird weiter vermutet, dass sportliche Aktivität bei sehr niedriger Intensität zu einer Senkung des Set-Points führt. Diese Vermutung hat zur Propagierung des sportlichen Trainings im „Fettverbrennungspuls“ geführt. Beide Ideen haben zu gewissen Erfolgen geführt, aber die Lösung des verbreiteten Übergewichtsproblems haben sie nicht gebracht.
Der Set-Point ist nicht der Weisheit letzter Schluss
Die Set-Point-Theorie ist umstritten. Von einigen ihrer Anhänger wird sie dazu benutzt, die Nutzlosigkeit aller Abnehmbemühungen zu „beweisen“ und deshalb eine ungesunde Ernährung zu propagieren. Wissenschaftliche Untersuchungen zur Set-Point-Theorie haben nicht nur eindeutige Ergebnisse erbracht, hinzu kommt, dass fast alle Untersuchungen Tierversuche waren, meist mit Ratten. Gerade beim Essverhalten gibt es aber gravierende Unterschiede zwischen Ratten und Menschen. So ist das Essverhalten der Menschen auch sozial bestimmt, Essen dient also keineswegs nur der Ernährung, sondern allen möglichen Zwecken.
Die Set-Point-Theorie kann nicht erklären, wieso Menschen, die ihre Ernährung umstellen, zum Beispiel von Fast Food auf Vollwertkost, abnehmen und schlanker bleiben, auch ohne weitere Veränderungen. Sie kann nicht erklären, wieso Sportler im Durchschnitt deutlich schlanker sind als Nichtsportler, obwohl kaum ein Sportler im Fettverbrennungsbereich trainiert. Auch sinkt das Gewicht von Menschen, die vom Nichtsportler zum Sportler werden, ab, und bleibt auch niedriger, und umgekehrt steigt das Gewicht tendenziell an, wenn jemand seine sportliche Karriere beendet.
Trotzdem ist die Theorie nicht falsch oder nutzlos. Die Untersuchungen im Kontext der Set-Point-Theorie haben eine Menge wichtiger Erkenntnisse zum Zusammenhang von Ernährung, Bewegung, Energieverbrauch und Körpergewicht gebracht. Wir wissen seither, dass der Zusammenhang zwischen Energiezufuhr, Energieverbrauch und Gewicht komplexer ist, als bisher angenommen wurde. Die einfache Gleichung, dass man nur weniger zu essen braucht, um weniger zu wiegen, ist jedenfalls widerlegt worden.