Das änderte sich im Laufe der Zeit, als die Nachteile des Kalorienzählens mehr und mehr allgemein bekannt wurden.
Und dann änderte es sich nochmal. Seit es Abnehm-Apps für das Smartphone gibt, die neben verschiedenen anderen Dingen alle auch Kalorien zählen können, machen das wieder die meisten Menschen, die abnehmen wollen.
Hier geht es um die Vorteile und Nachteile des Kalorien Zählens, und um die Vor- und Nachteile der Abnehm-Apps. Es geht nicht um konkrete Apps, sondern um den Denkansatz, der allen gemeinsam ist.
Inhalt
- Kalorien zählen zum Abnehmen – was tut man da eigentlich?
- Wie hoch ist der eigene Kalorienverbrauch?
- Wie viele Kalorien sind in den Lebensmitteln?
- Kalorien und Nährwerte zu interpretieren erfordert Fachwissen.
- Abnehmen mit Kalorienzählen funktioniert mit App besser als ohne
- Abnehmen mit Kalorienzählen: Nachteile und Probleme
- Kalorien zählen braucht Disziplin. Wer hat genug davon?
- Barcode-Scanner machen das Kalorien zählen einfacher, oder?
- Der entscheidende Nachteil: Was ist mit dem dauerhaften Schlankbleiben?
- Dauerhaft abnehmen ohne Kalorienzählen
Kalorien zählen zum Abnehmen – was tut man da eigentlich?
Ganz grob kann man sagen, beim Essen nimmt man Kalorien auf, und durch Aktivitäten, durch Leben, verbraucht man welche.
Bekanntermaßen nimmt man zu, wenn man mehr Kalorien aufnimmt, als man verbraucht.
Und man nimmt ab, wenn man weniger Kalorien zu sich nimmt, als man verbraucht.
Um zu wissen, welches von beiden jetzt der Fall ist, zählt man Kalorien. Das klingt erst mal plausibel.
Damit man das sinnvoll tun kann, muss man zwei Dinge kennen:
- seinen eigenen Kalorienverbrauch
- den Kaloriengehalt der Lebensmittel
Und da fangen die Schwierigkeiten an.
Wie hoch ist der eigene Kalorienverbrauch?
Für den eigenen Verbrauch gibt es Formeln, mit denen man ihn berechnen kann.
Da steckt einiges an Forschungsarbeit dahinter, und trotzdem kann man nur hoffen, dass das Ergebnis der Berechnung so einigermaßen mit dem tatsächlichen Verbrauch übereinstimmt.
Denn Menschen sind verschieden, sie tun verschiedene Dinge, sie leben unter unterschiedlichen Bedingungen.
Die Zahlen, die man als Ergebnis der Berechnungen erhält, sind nicht nutzlos, aber man sollte sie als groben Anhaltspunkt betrachten, nicht als absolute Wahrheiten.
Wie viele Kalorien sind in den Lebensmitteln?
Dasselbe gilt für den Kaloriengehalt der Lebensmittel.
Der Kaloriengehalt der Lebensmittel steht in Tabellen, oder eben in Apps, in denen diese Tabellen implementiert sind. Die Werte sind allerdings auch nicht exakt, denn auch Lebensmittel sind Individuen, die unter verschiedenen Bedingungen entstanden sind.
Die Frage, wie die Kalorienwerte der Lebensmittel in die Tabellen und Apps gekommen sind, kann man also ruhig mal stellen.
Um den Energie- oder Kaloriengehalt eines Lebensmittels festzustellen, wird es zerstört, verbrannt. Die dabei frei werdende Energie wird dann gemessen.
Das sind genormte, exakte Verfahren. Der erhaltene Kalorienwert ist exakt. Er hat nur den kleinen Nachteil, dass das dazugehörige Lebensmittel nicht mehr gegessen werden kann. Es wurde zerstört.
Bei allen Kalorienangaben wird also immer davon ausgegangen, dass Lebensmittel der gleichen Art auch immer den gleichen Kaloriengehalt haben.
Dass also zum Beispiel alle Äpfel gleich sind. Was nicht stimmt. Es gibt tausende von Apfelsorten. Und Äpfel wachsen unter verschiedenen Bedingungen. Viel Sonne, wenig Sonne, viel Wasser, wenig Wasser, viel Dünger, wenig Dünger, die Liste der möglichen Unterschiede ist noch viel länger.
Lebensmittel sind Naturprodukte, die sich unterscheiden. Das gilt auch für die Produkte der Lebensmittelindustrie, denn auch diese basieren immer noch auf Naturprodukten. Auch wenn dieser Ursprung manchmal schwer zu erkennen ist.
Die Kalorienwerte sind trotzdem nicht nutzlos. Als grobe Richtwerte sind sie nützlich. Wenn sie zusammen mit weiteren Nährwertangaben auftreten, steigt der Grad der Nützlichkeit nochmal an.
Kalorien und Nährwerte zu interpretieren erfordert Fachwissen.
Es ist nützlich zu wissen, ob die Kalorien in einem Lebensmittel aus Eiweiß, Kohlenhydraten oder Fetten stammen. Es ist nützlich zu wissen, welche Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente, sekundären Pflanzenstoffe, künstliche Zusatzstoffe ein Lebensmittel enthält.
Aber es entsteht eine enorme Komplexität. Um damit umgehen zu können, braucht man entweder Fachwissen, oder man lässt sich von verbreiteten Glaubenssätzen leiten. Je nachdem, welche Abnehm-App man verwendet, verlässt man sich auf Fachleute oder auf selbsternannte Diätexperten.
Sich auf die App verlassen muss man in jedem Fall. Als Nicht-Ernährungswissenschaftler hat man selbst sonst keine Chance.
Abnehmen mit Kalorienzählen funktioniert mit App besser als ohne
Kalorienzählen ist also möglich. Wenn man dazu noch die Nährwerte beachten möchte, was sehr sinnvoll ist, dann braucht man eine App. Die Komplexität erschlägt einen sonst.
Man lässt also seinen Kalorienbedarf berechnen. Dann trägt man alles, was man isst, in die App ein. Und die App sagt einem, ob alles im grünen Bereich ist oder nicht.
Wenn ja, dann kann man ziemlich sicher davon ausgehen, dass man abnehmen wird.
Diese beruhigende Sicherheit ist der Grund, warum sich so viele auf die Abnehm-Apps verlassen. Hinzu kommt, dass das Eintragen der Lebensmittel oft einfacher ist als früher, als man noch händisch Tabellen konsultieren musste.
Viele Apps verfügen über Barcode-Scanner. Einmal kurz draufhalten, und schon sind alle Kalorien- und Nährwerte im System.
So. Bis hier ist alles wunderbar. Wo sollen da die Nachteile sein?
Abnehmen mit Kalorienzählen: Nachteile und Probleme
Wenn man mit Kalorien zählen abnehmen möchte, braucht man eine App. Eine der vielen, die es gibt. Wer konkrete Abnehm-Apps sucht, hat es allerdings eher schwer. Unabhängige Tests sind entweder veraltet oder von Menschen mit völlig anderer Qualifikation durchgeführt.
Kalorien zählen bedeutet, dass man die Kontrolle darüber, was und wie viel man isst, an die App abgibt. Die App sagt einem, ob man das richtige, ob man genug oder zu viel gegessen hat.
Da kann man sich fragen, wie unsere Vorfahren Jahrtausendelang ohne Apps überlebt haben. Sie hatten gar kein Problem, denn wir haben, wie alle Lebewesen, eine eingebaute Regulation. Wir wissen selbst, was, und wie viel wir essen sollten. Zumindest im Prinzip.
Ganz viele von uns haben diese eingebaute Regulation verlernt. Durch Überfluss, modernen Lebensstil und künstliche Produkte, die mit naturbelassenen Lebensmitteln nicht mehr viel gemeinsam haben, ist das eingebaute Wissen scheinbar verloren gegangen.
Die Menschen wissen nicht mehr, was und wie viel sie essen sollten. Da kann man es als gut ansehen, dass die Abnehm-App das übernimmt.
Tatsächlich geht das aber nur eine Zeit lang gut. Denn nach einer Weile meldet sich die gut verschüttete Selbstregulation doch nochmal zu Wort. Und wenn man dann nicht auf sie hört, wird sie lauter und lauter. Der Körper will etwas anderes als die App.
Die übliche Antwort darauf lautet Disziplin. Man soll die Stimme des Körpers unterdrücken. Das geht aber nicht wirklich.
Kalorien zählen braucht Disziplin. Wer hat genug davon?
Kalorien zählen mit der Abnehm-App ist am Anfang ganz lustig. Aber je länger man das macht, umso mehr macht sich bemerkbar, dass man den kleinen Kontroletti in der Hosentasche doch manchmal ganz gerne verfluchen würde.
Bei jeder Mahlzeit kann man nicht einfach essen. Nein, man muss dokumentieren, was man isst. Jedes Mal. Auch wenn man das Stück Torte oder was auch immer gerne für sich behalten hätte. Die App ist gnadenlos.
Und damit beginnt das Abnehmen mit Kalorien zählen stressig zu werden. Stress ist aber einer der bekannten Faktoren, die dick machen.
Man begibt sich in einen Teufelskreis. Der Versuch, noch disziplinierter zu sein, verursacht noch mehr Stress.
Abnehmen mit Kalorien zählen funktioniert immer nur eine Zeit lang.
Barcode-Scanner machen das Kalorien zählen einfacher, oder?
Die gegessenen Lebensmittel in die App einzutragen, geht oft ganz fix und einfach mit dem Barcode-Scanner. Das ist gut. Weniger gut ist, dass es Lebensmittel gibt, die keinen Barcode haben. Und das sind auch noch die, die man besser bevorzugt essen sollte.
Der Apfel, die Möhre, der Salatkopf haben keinen Barcode. Das eintragen dieser Lebensmittel ist mühsamer als das Eintragen von verpackten Industrieprodukten.
Und auch, wenn man es nicht beabsichtigt. Solche Unterschiede beeinflussen das Verhalten. Man wird öfter die Sachen essen, auf denen der mühelos scanbare Barcode drauf ist, und seltener die gesunden Naturprodukte.
Das ist auch dann so, wenn man es nicht möchte. Auch dann, wenn man es nicht bemerkt. Menschen funktionieren so. Und wir sind alle Menschen.
Der entscheidende Nachteil: Was ist mit dem dauerhaften Schlankbleiben?
Mit Kalorien zählen, mit Abnehm-Apps, lassen sich oft schöne Erfolge erzielen. Man nimmt wirklich ab. Jedenfalls, so lange man immer brav alles einträgt und die Rückmeldung der App beherzigt.
Der Nachteil ist, dass das niemand auf Dauer macht. Irgendwann hat man einfach genug davon, sich ständig auf die Finger gucken zu lassen. Irgendwann lässt man das alles bleiben.
Und dann zeigt sich, dass man mit der ganzen Kontrolle nicht gelernt hat, selbständig zu entscheiden, was und wie viel davon man essen kann und darf. Man nimmt früher oder später wieder zu. Die ganze Mühe war umsonst.
Bevor man sich also von einer App abhängig macht, sollte man überlegen, was man erreichen möchte. Abnehmen. Ja, natürlich. Aber eigentlich gehört hinterher schlank bleiben auch zu den Wünschen und Zielen dazu. Wer vorher berücksichtigt, wie das gehen soll, vermeidet Enttäuschungen.
Dauerhaft abnehmen ohne Kalorienzählen
Um langfristig abzunehmen und nicht wieder zuzunehmen ist es notwendig, wieder zu lernen, auf seinen Körper zu hören, der einem sagt, wann er Nahrung braucht, wann es genug ist, und welches die Nahrungsmittel sind, die er braucht.
Das lernt man nicht durch Kalorienzählen, sondern durch Training mit natürlichen, möglichst unverarbeiteten Lebensmitteln, die tatsächlich die Eigenschaften haben, die Geruch und Aussehen vermuten lassen.
Beim Prozess der Umstellung der Ernährung ist das Zählen von Kalorien eher hinderlich. Dabei sind eher Sport und Bewegung wichtige Hilfsmittel, die das Wiedererlernen einer angemessenen Körperwahrnehmung deutlich erleichtern.
Zuerst mühsamer, dafür aber langfristig erfolgreicher ist selbstbestimmtes Abnehmen. Dabei hört man auf seinen Körper, lernt, Hunger, Sattsein, Appetit auf bestimmte Lebensmittel zu erkennen und richtig zu bewerten.