NLP - Neurolinguistisches Programmieren - Hilft das beim Abnehmen?
27. August 2021
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4 Minuten
Astrid Kurbjuweit

Abnehmen mit neurolinguistischem Programmieren (NLP) wird an vielen Orten angeboten. Man kann bei einem NLP-Coach oder -Trainer einen Termin buchen, es gibt aber auch Bücher und DVDs, mit denen man in Eigenregie NLP betreiben und damit abnehmen kann. Da vor allem die Termine bei einem NLP-Trainer oder ähnlichem recht teuer sind, lohnt es sich, sich im Vorfeld mit der Frage zu beschäftigen, was denn jetzt das besondere an dieser Methode ist.

Was ist neurolinguistisches Programmieren?

Und da fangen die Schwierigkeiten schon an. Es lässt sich ohne Probleme eine Menge Werbung finden, auch Selbstdarstellungen von Trainern und Coaches gibt es viele. Es gibt jede Menge Darstellungen, die den Eindruck hinterlassen, NLP wäre etwas ganz Tolles, nur wenn man dann versucht, genauer herauszufinden, was das Tolle denn nun ist, dann stößt man auf eine Menge Wörter und Begriffe, deren Bedeutung unklar ist, auf Zusammenhänge, die zwar behauptet, aber nicht nachgewiesen werden, auf Erfolgsmeldungen, die nicht belegt sind. Aus psychologischer Sicht stößt man auch noch auf einen Wust aus unzusammenhängenden theoretischen Behauptungen, die aus den verschiedensten psychologischen und anderen Theorien zusammengeklaubt erscheinen. Aktuelle Entwicklungen werden dabei offenbar nicht verarbeitet, das „theoretische Grundgerüst“ scheint seit vielen Jahren festzustehen.

Besonders erstaunlich erscheint die bei mehreren Vertretern zu findende Behauptung, es wäre bereits allgemein bekannt, wie Abnehmen funktioniere. Das Problem wäre nur, dass die Menschen ihr Wissen nicht anwenden würden. Leider ist die Forschung noch nicht so weit, sicher zu wissen, wie Abnehmen wirklich funktioniert. Die Experten vieler Fachrichtungen forschen seit Jahren, es gibt eine Menge Bausteine, die wahrscheinlich irgendwann einmal zu einer Theorie des Übergewichtes und Abnehmens beitragen können, aber von einem gesicherten Wissen darüber, wie Abnehmen funktioniert, sind wir (leider) weit entfernt. Das, was jeder weiß, hat ja, wie nun tatsächlich fast jeder weiß, den großen Nachteil, dass es eben (meistens) dann doch nicht funktioniert.

Aber man kann durchaus auch pragmatisch an die Sache rangehen, wie es die Vertreter des NLP ja in der Regel auch tun. Egal wie und warum, Hauptsache man hat Erfolg. Das ist ein durchaus bedenkenswerter Ansatz, insbesondere auf einem Gebiet wie dem Abnehmen, wo es an gesicherten Grundlagen weitgehend fehlt. Leider sind diese Erfolge nirgends dokumentiert, und das bei einer Methode, die seit vielen Jahren von einer großen Zahl von Anhängern praktiziert wird. Auch scheint es dem Pragmatismus zum Trotz den Anspruch zu geben, diesen Erfolg wissenschaftlich zu dokumentieren, dazu werden gerne wissenschaftliche Studien zitiert, die dann allerdings bei genauerer Betrachtung entweder methodisch nicht haltbar sind oder aber die Behauptung der Wirksamkeit widerlegen. Christoph Bördlein hat sich die Mühe gemacht, eine Studie, die von NLPlern als Wirksamkeitsnachweis herangezogen wird, zu zerlegen. Das war eher nicht schwierig, die Schwächen der Untersuchung sind offensichtlich. Die Kritik von Bördlein ist auch ansonsten lesenswert und immer noch aktuell.

Die Frage, was NLP denn nun ist, lässt sich also nur pragmatisch beantworten. Es ist eine Ansammlung von Methoden, die mit wohlklingenden, nichtsdestotrotz nichtssagenden Namen versehen, auf irgendwie geheimnisvolle, jedenfalls nicht stichhaltig begründete Weise funktionieren. Punkt. Einige dieser Methoden sind aus tatsächlich funktionierenden Therapieformen entlehnt, andere sind allgemeingültige Lernprinzipien, die auch tatsächlich funktionieren, jedenfalls, wenn man sie richtig anwendet, noch andere sind schlicht widerlegt. Tatsächliche Erfolge gibt es also vor allem da, wo man sich bei anderen bedient hat, die eigenen Schöpfungen erscheinen eher weniger erfolgreich.

NLP und Wissenschaft

NLP erhebt irgendwie den Anspruch, eine Wissenschaft zu sein. Irgendwie aber auch nicht. Es gibt zum einen diesen Namen, der suggeriert, das Ganze würde irgendwie auf neuronaler Ebene funktionieren. Wie das genau aussehen soll, lässt sich nicht herausfinden. Linguistik spielt eine Rolle, es geht wohl um Kommunikation, aber, um beim konkreten Beispiel zu bleiben, was hat die Kommunikation mit dem Abnehmen zu tun? Die Programmierung im Namen verleitet zu der Annahme, dass wir wie Computerprogramme funktionieren würden. Was natürlich sein kann, aber es fehlt jeder Ansatz zu einer Theorie oder Erklärung darüber, wie das genau gehen soll.

NLPler erwecken oft den Eindruck, bei neurolinguistischem Programmieren würde es sich um Psychologie handeln. Dem ist nicht so. Die Methodensammlung ist in der akademischen Psychologie nicht anerkannt, es gibt auch die Ansicht, es würde sich um eine Pseudowissenschaft handeln. Also um ein Konstrukt mit einem wissenschaftlichen Anspruch, der nicht eingelöst wird.

Praktische Anwendung: Abnehmen mit NLP

Menschen, die ein Problem mit ihrem Übergewicht haben, werden sich vermutlich eher weniger für die theoretische Fundierung und die Glaubenssätze hinter der Methodensammlung NLP interessieren. Sie suchen etwas, was funktioniert. Egal warum.

Da kommen die Versprechungen des neurolinguistischen Programmierens gerade recht. Es kommt seriös daher, es verspricht vordergründig keine Wunder (implizit dann aber doch), seine Vertreter wirken überzeugend und selbstsicher. Die Behauptung, das Unbewusste wäre dafür verantwortlich, dass die bisherigen Abnehmversuche nicht erfolgreich waren, klingt plausibel. Das Versprechen, mit den Methoden des NLP könnte man diesem Unbewussten dann doch zeigen, wo es langgeht, erleichtert. Wohl vor allem deswegen, weil unausgesprochen dahintersteht, dass es weitgehend mühelos und mit wenigen Terminen getan sein soll. Man muss bloß bezahlen und hingehen. Der Rest findet sich dann von alleine. Man wird „umprogrammiert“ und fertig.

Ursachen von Übergewicht und ihre Beseitigung

In der Sicht der neurolinguistischen Programmierung scheint es nur eine Ursache für Übergewicht zu geben: das Unbewusste, das mit irgendwelchen Prozessen dafür sorgt, dass wir immer wieder zu viel oder das Falsche essen. Es kann schon sein, dass es so etwas gibt, plausibel klingt es allemal. Aber mit ziemlicher Sicherheit ist es nicht der einzige Grund für Übergewicht. Es gibt auch noch Fast Food mit eingebautem „Geschmack nach mehr“, es gibt Medikamenten-Nebenwirkungen, es gibt genetische Defekte, es gibt Fehlsteuerungen auf hormoneller Basis, es gibt die moderne Lebensweise mit zu wenig Bewegung, zu viel Stress und falschem Essen, es gibt eine Fülle von ganz individuellen Gründen und Ursachenkombinationen für Übergewicht. Viele Gründe und Ursachen sind uns vermutlich noch gar nicht bekannt. Nicht alles liegt in der Verantwortung des Betroffenen.

Es ist vernünftig, bei der Bekämpfung des Übergewichtes an den Ursachen anzusetzen. Allerdings ist es für Betroffene nicht unbedingt hilfreich, wenn man verkürzt alles auf eine einzige Ursache zurückführt. Damit wird man dann vielleicht dem einen oder anderen helfen können, der Mehrzahl der Betroffenen wird man damit eher nicht gerecht werden.

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Beitragsbild: Profit_Image/Shutterstock